von Christian Hensen
8 Min.
Hunde-Profi Martin Rütter empfiehlt denTractive GPS Dog 4 Tracker. Ist der wirklich so gut? stern-Dackel Harry hat das Gerät eine Woche durch dichten Wald geschleppt – und mochte nur eine Sache so gar nicht.
Es klingt wie ein platter Werbespruch, aber Martin Rütter hat nicht Unrecht, wenn er in der Reklame für denTractive GPS Dog 4 Tracker sagt: "Egal wie brav der Hund ist, eine hundertprozentige Sicherheit kann es einfach gar nicht geben." Rütter spielt damit auf die Gefahr an, dass auch ein gut erzogener Hund plötzlich weglaufen kann. Ein schönes Beispiel ist stern-Dackel Harry, der zwar enorm personenbezogen ist, aber Rasse sei Dank noch immer einen Jagdtrieb hat, der bei Mäusen und anderen Kleintieren das Hundehirn vollständig deaktiviert. Wenn man dann nicht weiß, wo der Hund hingelaufen ist, bricht innerhalb weniger Sekunden Panik aus.
Wohl dem, der den Hund mit einem GPS-Tracker ausgestattet hat. Alleine das Wissen, den Hund per App in Windeseile finden zu können, beruhigt die Nerven. Und was, wenn es dann darauf ankommt? Im Test soll sich zeigen, ob derTractive GPS Dog 4 Tracker Placebo oder Allheilmittel ist – oder irgendwas dazwischen.
Interview
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GPS-Sender ist leicht, aber klobig
Das Gerät selbst ist unscheinbar. Der Tractive-Tracker ist ein weißer Klotz mit den Abmessungen 7,1 mal 2,8 mal 1,7 Zentimeter (LxBxH). Im Lieferumfang befindet sich neben dem Tracker ein Ladekabel für den proprietären Magnetanschluss sowie eine Gummiklammer, um den Tracker an Halsbändern und Geschirren zu befestigen.
Das Gewicht mit Haltegummi und Cover beträgt 46 Gramm, fürstern-Dackel Harry war das zu keiner Zeit zu schwer oder störend. Der Hund wiegt knapp7 Kilo. Tractive empfiehlt das Gerät für Hunde ab 4 Kilogramm und Halsbänder mit einer maximalen Breite von 2,8 Zentimetern. Durch die Gummiklammer lässt sich das ein wenig überschreiten.
Etwas ärgerlich fielen im Test zwei Dinge auf. Erstens bedeutet das Ladekabel mit Magnetanschluss, dass man sich auf Reisen nicht mal schnell ein beliebiges Kabel leihen kann, sollte dem GPS-Tracker der Saft ausgehen. USB-C wäre definitiv die besser Wahl gewesen. Immerhin muss der Tracker nicht oft ans Kabel, der Akku reichte locker über die Weihnachtstage, trotz gelegentlicher Live-Trackings, die sich im Energieverbrauch deutlich bemerkbar machen.
Zweitens ist der Tracker recht anfällig für Kratzer, wenn der Hund sich gerne an Mauern und Zäunen entlang bewegt. Das Cover macht also durchaus Sinn, auch wenn es wenige Gramm Mehrgewicht bedeutet. Hand aufs Herz: Immerhin ist es farbig und macht aus einem langweiligen weißen Klotz ein kleines, aber wichtiges Statement.
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Fitness für den Dackel
Aufgeladen und mit Schutzhülle versehen übernahm ab hier unser Test-Dackel den Tracker. Wie im Aufmacher deutlich zu sehen, fällt das "Hunde-Handy", so wurde es auf der Hundewiese von einer älteren Dame genannt, sofort auf. Gegen Diebstahl des Hundes hilft es also wohl nicht – dafür ist der Tracker zu schnell entdeckt und entfernt.
Bei Spaziergängen störte sich der Hund zu keiner Zeit am zusätzlichen Gepäck, bei größeren Hunden dürfte der Tracker also erst recht nicht weiter auffallen. Wird der Tracker durchgehend getragen, erfüllt er zwei Aufgaben: Bei Spaziergängen lässt sich damit die genaue Position des Hundes orten, abseits von Notfällen arbeitet derTractive GPS Dog 4 Tracker außerdem als Fitness-Halsband.
Das Gerät zeichnet nach Möglichkeit durchgehend aktive Minuten und Schlafphasen auf, bildet daraus über die Zeit einen Fitness-Score, der angibt, wie aktiv und gesund das Tier scheint – und wie ruhig der Hund schläft. Da Harry kein Halsband trägt, war die ständige Überwachung für diesen Test nicht möglich – die Fitnessdaten des Dackels beschränken sich also ausschließlich auf aktive Minuten, in denen er sein Geschirr trägt. Ein Score kann die App damit nicht berechnen, da die Ruhephasen im heimischen Körbchen fehlen.
Doch auch so ist das Erfassen der aktiven Zeit ein hilfreicher Indikator, ob der Hund ausreichend Strecke gemacht hat und sich genug bewegt hat. Es gibt auch die Möglichkeit, sich mit anderen Hunden gleicher und anderer Rassen zu messen – was aber nur dann Sinn macht, wenn der Tracker durchgehend am Halsband bleibt. Seit Start des Tests hat sich das durch die Apple Watch berühmt gewordene "Ringe schließen" so auch für den Hund eingebürgert, weshalb es nun häufiger passiert, dass man abends noch eine kleine Extrarunde dreht, damit die App zufrieden ist. Schaden kann es nicht.
Hund entlaufen – und jetzt?
Viel wichtiger als die Fitness-Funktionen sind allerdings die Möglichkeiten, den Hund finden zu können, wenn er mal weg ist. Gründe dafür gibt es viele – das können Böller sein, andere Hunde, Jagdtrieb – oder im Falle des stern-Dackels: plötzlicher Regen. Wie Rütter schon sagte – eine Garantie, dass der Hund nicht wegrennt, gibt es nicht.
Für diesen Fall hat sich Tractive eine ganze Reihe effektiver Möglichkeiten ausgedacht, das Tier schnell und einfach zu finden. Alles, was man dafür zwingend braucht, ist das Smartphone und die dazugehörige App oder einen Rechner mit entsprechendem Login auf der Webseite.
Ist der Hund nicht auffindbar, öffnet man einfach die App und schaltet in den sogenannten Live-Modus. Der Tracker sendet nach wenigen Sekunden Wartezeit durchgehend die aktuelle Position des Hundes. Die Ortung wird dabei – abhängig von der Signalstärke – immer genauer, wodurch der Kreis, in dem sich das Tier befindet, immer kleiner wird. Der Tracker zeigt währenddessen auf einer Karte an, wohin sich der Hund bewegt – und bildet dessen Laufwege nach.
Im Test war das Signal auch nach über einer Minute nie so exakt, wie bei einem Fahrzeug, aber immer so gut, dass der Hund wenige Meter von der Position in der App auch wirklich zu sehen war. Alleine diese Sicherheit ist Gold wert, wenn die Alternative bedeutet, überhaupt nicht zu wissen, wo man suchen muss.
Recht genau und hilfreich ist außerdem die Augmented-Reality-Ansicht (AR) der App. Tractive zeigt im Kamera-Modus an, in welcheRichtung der Hund gelaufen ist und wie weit sich das Tier entfernt hat. Das ist besonders dann hilfreich, wenn man sich vor Ort selbst überhaupt nicht auskennt.
Befindet man sich in der Nähe, hilft zusätzlich ein Bluetooth-Signal bei der Suche. Über Bluetooth lassen sich außerdem Töne auslösen und ein Licht einschalten. Das Licht kann bei absoluter Dunkelheit durchaus helfen, ist für Tageslicht oder Dämmerung aber viel zu schwach. Hier wäre es wünschenswert gewesen, den gesamten Tracker zu beleuchten, damit der Hund auch wirklich auffällt.
Die Töne sind recht hochfrequent und leise, hier wurde im Test nicht ganz klar, wem das helfen soll. stern-Dackel Harry war nach dem Einschalten sichtlich irritiert und genervt, Menschen in mehreren Metern Entfernung konnten die Töne aber schon nicht mehr hören. Lautere Töne wären eine schlechte Lösung für das Tier, eine wirkliche Lösung für dieses Problem scheint kompliziert. Vielleicht einfach Musik statt Piepstöne?
Unendlich viel Zeit bleibt allerdings nicht, das Tier zu finden. Denn sobald man den Livemodus aktiviert, verbraucht der Tracker deutlich mehr Batterie, als es üblicherweise der Fall ist. Bei einem vollen Tracker bleiben zwar noch immer wenige Stunden, bis die Batterie aufgibt, aber von den 5-7 Tagen, die der Tracker normalweise durchhält, ist man im Live-Modus weit entfernt. Vor langen Spaziergängen gilt also: unbedingt aufladen!
Teurer, aber umfangreicher Schutz
Das Ganze hat natürlich seinen Preis. Tractive ist weder günstig, noch ein einmaliger Kauf. Der Tracker kostet bei Bestellung zwischen 40 und 50 Euro – unabhängig von der Version, denn es gibt das Gerät auch als GPS-Sender für Katzen. Bei Amazon gibt es überdies Versionen mit Halsbändern im Set – was gar kein so schlechter Deal ist, da es sich bei den Halsbändern um Markenware handelt – im Zweifel hat man aber schon eins.
Nach dem Kauf gesellt sich der GPS-Tracker zu den laufenden monatlichen Kosten dazu. Denn ohne Abo funktioniert das Gerät nicht. Prinzipiell gibt es zwei unterschiedliche Modelle, die sich jeweils in drei Intervallen zahlen lassen. Das "Basic"-Abo umfasst Standort-Updates, Live-Tracking und die Fitness-Funktionen. Das "Premium"-Modell bietet überdies eine Freigabe für die Familie, weltweite Abdeckung, einen Positionsverlauf der letzten 365 Tage und die Möglichkeit, GPS-Daten zu exportieren.
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Das "Basic"-Abo lässt sich für einen Monat, ein Jahr oder zwei Jahre abschließen, die Kosten belaufen liegen zwischen 13 und 5 Euro im Monat, je nach Intervall. Wählt man ein oder zwei Jahre, wird die Gesamtsumme auf einen Schlag fällig. Das allein durch seine Familien-Option in vielen Fällen sinnvollere "Premium"-Abo lässt sich nur im Voraus bezahlen, zur Wahl stehen 12 Monate,2 oder 5 Jahre. Runtergerechnet auf den Monat schlägt Tractive in diesem Modell mit 5 bis 8 Euro zu Buche. Bucht man den Dienst gleich 5 Jahre, sind es allerdings Gesamtkosten von 300 Euro – in den meisten Fällen schmerzen die Kosten für zwei Jahre also erst einmal weniger, zumal man sich nicht so lange bindet.
Wer will, kann mit "Tractive Care" sogar noch eine Versicherung für den Sender abschließen, die bei Verlust, Beschädigung oder Diebstahl kostenfrei ein neues Gerät garantiert. Das kostet zwischen 1 und 2 Euro pro Monat zusätzlich.
Fazit:Vorsicht ist besser als Nachsicht
Eine schlimme Floskel, keine Frage. Aber in diesem Fall trifft sie zu. Für einen Hunde- oder Katzenhalter zählt das Weglaufen des Tieres zu den schlimmsten Situationen, die man sich vorstellen kann. Und Rütter hat Recht, wenn er sagt, dass niemand davor gefeit ist. Was seine Kernaufgabe betrifft, hat sich derTractive GPS Dog 4 Tracker als absolut zuverlässiger, technisch ausgereifter und praktischer GPS-Sender erwiesen, dessen App kaum Wünsche offen lässt.
Die Fitness-Funktionen sind allenfalls ganz nett, die Ortung, und damit das Wichtigste, was dieses Gerät zu bieten hat, ist sehr gut umgesetzt und wirklich hilfreich.
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Der Tractive-Sender könnte dünner sein, leichter sein und weniger klobig – doch darüber lässt sich hinwegsehen. Wirklich nicht optimalist das Ladekabel, dessen Anschluss erstens proprietär ist, zweitens nicht einmal besonders gut haftet. Doch keine Angst: EU sei Dank müssen auch Geräte wie derTractive GPS Dog 4 Tracker in wenigen Jahren auf einen einheitlichen Anschluss umstellen – und solche Negativpunkte gehören der Vergangenheit an. Es wäre schön, wenn der Hersteller schnellstmöglich umstellt und nicht erst auf den Druck aus Brüssel wartet.
Alles in allem macht man mit dem Tractive-Sender nichts falsch, weil er seine Kernfunktion vollumfänglich erfüllt. Selbst wenn man das Gerät nicht braucht, beruhigt es ungemein, wenn man weiß, dass der Hund damit unterwegs ist. Alternativen zum Tractive-Tracker bieten Hersteller wie Fressnapf oder Weenect an – die Kosten sind ähnlich, wobei besonders Fressnapf dadurch interessant ist, weil man zwei Jahre lang kein Abonnement abschließen muss.
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